„Ich habe ihn für den Turniersport/ für die Show gekauft – da muss er eben jetzt durch.“ „Er ist als Reitpferd angeschafft worden, nicht als Longierpferd. An Handarbeit habe ich kein Interesse.“

 

Sätze wie diese höre ich leider allzu oft, wenn ich neue Kunden habe und nach und nach entdecke, wie der körperliche Ist-Zustand des Pferdes tatsächlich ist, und meine Einschätzung gebe, wie wir die Probleme angehen sollten. Meistens werde ich dann nach außen hin ganz still – aber in mir steigt Traurigkeit, Frust und manchmal auch Ärger empor, da bin ich ehrlich. Denn in diesem Moment realisiere ich, dass ich diesem armen Pferd nicht werde helfen können – egal, wie sehr ich mich anstrenge. Die Wahrheit ist schlicht zu unbequem für diese Art Reiter – eher werden sie sich einen anderen Trainer suchen, als dass sie meinen Rat annehmen. Manche Menschen sind einfach so. Ihre Pferde tun mir leid.

 

Um zu verdeutlichen, was ich meine, zeige ich Euch hier ein paar Bilder von Pferden meiner Kunden. Alle haben signifikante körperliche Baustellen – wie die meisten Pferde übrigens, wenn man nur genau genug hinsieht. 

Was diese Pferde aber von anderen unterscheidet, ist, dass jemand sich wirklich um ihr Wohlergehen sorgt und dafür auf den Ratschlag eines Profis hört – auch wenn das bedeutet, mal eine ganze Weile gar nicht zu reiten, teure Tierarztrechnungen zu bezahlen und hart an sich selbst und seinen reiterlichen Schwächen zu arbeiten.

 

Es bedeutet auch, sich nicht mit dem erstbesten Tierarzt zufrieden zu geben, sondern einen zu suchen, der wirklich gut ist, der zum Beispiel auch noch so unscheinbaren Lahmheiten auf den Grund geht. Und das ist gar nicht so einfach, wie man meinen könnte. Wie viele Veterinäre haben wir schon getroffen, die schlicht nicht gesehen haben, dass ein Pferd chronisch lahm war! Oder welche, die Röntgenbilder nicht differenziert beurteilen konnten. Manchen Besitzern kommt das – zugegeben – grade recht. Nach dem Motto: Wenn der TA sagt, da ist nix, munter weiter wie bisher!

 

Hätten die Besitzer der abgebildeten Pferde sich mit solchen Aussagen abgefunden, würden ihre Pferde bis heute leiden. Stattdessen haben sie sich nach gründlicher Bestandaufnahme (inklusive Röntgen!) Schritt für Schritt, Baustein für Baustein das erarbeitet, was es braucht, um ihrem Pferd bestmöglich zu helfen. Dabei haben sie auf den Rat und die Einschätzung ihres Trainers vertraut. Auch, wenn das oft unbequem war.

 

Damit wir Reitern helfen können, wie sie wiederum ihren Pferden helfen können, müssen wir uns darauf verlassen können, dass das Wohl des Pferdes immer an erster Stelle steht. Ausnahmslos. Ohne Entschuldigung. Wenn das schon zu viel verlangt ist, sind wir nicht die Richtigen. Dann passt es einfach nicht. Denn wir haben uns mit Herz und Seele der klassischen Dressur verschrieben und lehren unsere Schüler, ihre Prinzipien grade auch für die Pferde zu nutzen, die schwach oder wenig talentiert sind.

 

Was ist so schwer daran, mal für eine Weile nicht auf’s Pferd zu steigen? Ist es so eine Zumutung, seinem Pferd zuzuhören und die eigenen Bedürfnisse hinten an zu stellen? Echte Pferdeliebe heißt, wirklich alles für sein Pferd zu tun. Inklusive auf das Reiten zu verzichten.

 

Natürlich können wir nicht versprechen, dass dieser Weg sofort sichtbare Erfolge produziert. Wir versprechen keine Serienwechsel oder Galopppirouetten. Aber wir versprechen, dass unsere Schüler die echte Reitkunst erlernen – von der Pike auf – und die Dressur für das Pferd zu nutzen.

 

Ja, der Anfang ist meist zäh und langwierig – da will ich keinen Hehl draus machen. Ich bereite meine Kunden gern mental auf das Schlimmste vor und lasse mich dann, gemeinsam mit ihnen, von ihren Pferden positiv überraschen. Unbezahlbar sind die magischen Momente, die sie uns schenken, wenn sie erst bemerkt haben, dass ihnen endlich jemand zuhört!

 

Die meisten unserer Kunden sind Amateure, die nicht ihren Lebensunterhalt mit Reiten verdienen müssen. Man sollte meinen, bei den Profis gäbe es im Schnitt mehr Verständnis für die Pferde – doch dem ist leider nicht so. Viel zu oft sieht man selbst in der Klassik-Szene Reiter, die ignorieren, dass ihre Pferde offensichtlich Schmerzen haben (rennen, buckeln oder explodieren) – sei es bewusst, aus Egoismus, oder unbewusst, weil sie  schlicht und einfach die Situation nicht richtig einschätzen können. Oftmals bräuchten sie selber Training und spielen die Probleme herunter, indem sie dem Pferd die Schuld geben und Fehlverhalten oder Schwierigkeiten im Training auf seinen Charakter schieben.

 

Die Besitzer der Pferde auf den Bildern hatten übrigens allesamt Unterricht bei Ausbildern der klassischen Dressur. Ein Pferd lief während einer Stunde mit der Zunge über dem Gebiss (der Trainer sagte, das könne man getrost ignorieren), ein anderes mit massiven Stoffwechselproblemen und schmerzhaften Knochenzysten wurde von fast allen Trainern als schlichtweg faul eingeschätzt – man müsse es nur mal richtig wach machen mit Sporen und Gerte (ja, wir reden wirklich über namhafte, anerkannte Klassik-Trainer!). Und das dritte Pferd, eine sehr sensible Stute, die an schlechten Tagen nicht mal vom Boden fressen kann, wurde trainiert, als wäre sie völlig in Ordnung – ihre zahlreichen gesundheitlichen Themen wurden einfach nicht beachtet.

 

Pferdekorrektur sehr komplex und es braucht ein Team von Leuten, die ihr Handwerk verstehen, den kleinsten Details Aufmerksamkeit schenken und wissen, was sie tun. Verlässt man sich auf die falschen „Fachleute“, kann das die Probleme unter Umständen noch größer machen.

 

Lernt, eurer Intuition zu vertrauen! Wenn ihr denkt, euer Pferd bewegt sich nicht gut, dann liegt ihr wahrscheinlich richtig. Seid hartnäckig und sucht nach den Profis, die euch wirklich helfen können. Solltet ihr einen neuen Trainer gefunden haben, der Röntgenbilder sehen will, zeigt das nur, dass er sich wirklich um euer Pferd sorgt und vielleicht einen Verdacht hat, dem er auf den Grund gehen möchte. Wenn man muskuläre Probleme durcharbeitet, kann das durchaus schon mal schmerzhaft sein. Aber in dem Moment, wo man den Pferderücken mit Reitergewicht belastet, muss man genau wissen, womit man es zu tun hat. Alles andere wäre unfair und kann sogar gefährlich werden.

 

Denkt immer daran:

 

Heutzutage genießen wir das Privileg, unsere Pferde nur zu unserer Freude zu halten.

Also stellt ihr Wohl an die erste Stelle.

Investiert in eure eigene Ausbildung.

Seid geduldig. Ein Pferd auszubilden ist ein langer Prozess.

Unsere Pferde schulden uns rein gar nichts.

 

Eure Lisa